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Die Form macht ihn zum Erfolg

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Bericht aus der Schweizer SonntagsZeitung vom 6.8.2000

www.sonntagszeitung.ch/sz/szFeinRubrik.html?ArtId=24291&ausgabeid=166&rubrikid=118

Die Form macht ihn zum Erfolg

 

Der Smart verkauft sich plötzlich wie warme Semmeln - weil das Kleinstauto ein Hingucker ist

VON DANIEL MEIER

Zürich/Renningen D - Eigentlich gibts den Smart in England erst ab Oktober zu kaufen. Dennoch rollen schon heute erstaunlich viele der bunten Kleinwagen durch die Strassen Londons. Des Rätsels Lösung: Tüchtige Grauimporteure haben erkannt, wie trendy der 2,5 Meter kurze Flitzer dort ist.

Nicht nur auf der Insel, sondern in ganz Europa hat der Wind gedreht. Das wendige Ding verkauft sich plötzlich wie von selbst. Obwohl es seit längerem nur noch auf Sparflamme beworben wird, explodieren die Absatzzahlen: In den ersten sechs Monaten gingen 51 700 Smart weg. Auch wenn der Vergleich mit der Vorjahresperiode daran lahmt, dass die Stückzahlen damals sehr bescheiden waren: Ein Absatzplus vom 81 Prozent im Semestervergleich beeindruckt doch.

Noch überzeugender ist das Plus von 32 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 1999 in der Schweiz - denn hier verkaufte sich der Smart von Beginn weg ansprechend. Nicht weniger als 3360 Stück wurden bis Ende Juni abgesetzt, was sogar gegenüber dem VW Golf ein Achtungserfolg bedeutet: Das seit vielen Jahren meistverkaufte Auto der Schweiz kam bis Mitte Jahr auf 6928 Stück, also nur wenig mehr als das Doppelte.

Gegenüber vergleichbaren Kleinwagen liegt der Smart gar deutlich vorn. Der VW Lupo beispielsweise wurde im ersten Halbjahr 960-mal abgesetzt, was gegenüber dem Smart über dreimal weniger ist.

Den Turbo an der Verkaufsfront zündete die Cabrio-Variante, die zwar erst seit Ende März erhältlich ist, in lediglich drei Monaten aber bereits fast 900-mal verkauft wurde - was den Smart derzeit zum landesweit meistverkauften Cabriolet macht.

Überraschenderweise boomt der Smart breitflächig. Die aktuellen Wachstumsmärkte sind nämlich neben der Schweiz, England und Deutschland auch Frankreich und vor allem Italien. In Rom ist momentan eine eigentliche Smart-Schwemme zu beobachten.

Vergessen scheint die total missglückte Lancierung. Der Wagen war in engen Kurven gekippt, litt unter ausgewachsenen Kinderkrankheiten, musste an allen Ecken und Enden nachgebessert werden und konnte deshalb im Oktober 1998 erst mit einem halben Jahr Verspätung an den Start geschickt werden.

Die Gründe für den unerwarteten Durchbruch sind vielfältig. So scheint etwa in Italien vor allem die Fantasie der Vermarkter geholfen zu haben. Das Angebot einer italienischen Bank, Kreditnehmern gleich noch einen Smart mitzugeben, ist das skurrilste, jedoch lange nicht das einzige Beispiel für ungewöhnliche, aber durchaus verkaufsfördernde Partnerschaften.

In der Schweiz ist das Kleinstauto insbesondere als Firmenwagen sehr gefragt. Etwa jeder dritte Smart ist hier geschäftlich unterwegs. Der nahe liegende Verdacht auf ruinöse Flottenrabatte trifft indes nicht zu. Laut Smart-Schweiz-Sprecher Oliver Peter gewährt man etwa bei einer Menge von 50 Autos rund sieben Prozent Nachlass. Das ist wenig, verglichen mit anderen Marken, wo bei Grossbestellungen locker zehn oder gar fünfzehn Prozent rauszuholen sind.

Der Smart rollt für die Imagewerbung von Firmen

Warum also entscheiden sich Firmen wie Swissair, Zurich Financial Services, Swisscom, Alcatel, Credit Suisse, aber auch Pizzakuriere, Floristen, Reisebüros, Werber und Architekten für den Smart? Vor allem weil das Auto nach wie vor auffällt und folglich eine günstige Werbefläche darstellt.

«Nichts gegen einen Opel Corsa oder einen VW Golf, aber mit einem solchen Fahrzeug hätten wir die Aktion wahrscheinlich nicht gemacht», bestätigt Swissair-Sprecher Urs Peter Naef. Die Fluggesellschaft stellt ihren First- und Business-Class-Passagieren seit einem Jahr bei der Ankunft einen im speziellen Swissair-Design gespritzten Smart für 24 Stunden zur Verfügung. Die Zahl wird laufend ausgebaut, gesamthaft sollen 1000 Stück für diese Dienstleistung angeschafft werden.

Ähnliche Überlegungen machte sich Alcatel Schweiz, die im Oktober 1999 ihren Mitarbeitern 40 Smart zum halben Preis abgab. Die Differenz zum offiziellen Verkaufspreis dürfte das Unternehmen getrost dem Werbebudget belastet haben, schliesslich sorgen die Angestellten seither sogar bei Freizeitausflügen für eine rollende Imagekampagne.

«Weil das Auto ein Hingucker ist, werden beschriftete Smart oft als Firmenfahrzeuge eingesetzt», bestätigt auch Oliver Peter. Zudem wirkt in der Schweiz laut dem Smart-Sprecher nach wie vor der Swissness-Effekt. Dass der Smart-Vater und Swatch-Chef Nicolas Hayek seine Anteile bereits im November 1998 an Daimler-Benz verkauft hat, scheint dabei keine Rolle zu spielen: «Weil wir in der Schweiz keine eigene Autoindustrie haben, sprechen die Kunden auf jedes Produkt an, das irgendeinen Bezug zu unserem Land hat», vermutet Peter.

Trotz des starken Wachstums und des bevorstehenden Markteintritts in Griechenland, England und später auch Japan: Am Hauptsitz der Smart-Herstellerfirma und heutigen DaimlerChrysler-Tochter MCC im deutschen Renningen bleibt man bescheiden: «Vielleicht werden wir in diesem Jahr über 100 000 Smart verkaufen», sagt Sprecherin Simone Maier vorsichtig. Aus Fehlern wird man klug: Ursprünglich hatte MCC eine Jahresproduktion von 200 000 prognostiziert. Ein Ziel, dass selbst aus heutiger Sicht noch arg überrissen scheint.

 


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