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FTD: Smart statt protzig

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FTD: Helmut Becker: Smart statt protzig

 

Die deutsche Autoindustrie steuert in die falsche Richtung: Die Hersteller müssen ihr enormes Know-how in umweltverträglichere Fahrzeuge und nicht in immer mehr PS und Geschwindigkeit investieren.

 

Klimakatastrophe? Abgasdiskussion? Verbrauchsdebatte? War da mal was? Anscheinend nicht. Audi platziert im Frühjahr 2007 den Supersportwagen R8, der erstmals aus der stillen Übereinkunft deutscher Hersteller ausschert und nicht mehr bei Tempo 250 abgeriegelt wird. VW stellt einen neuen Touareg vor, der mit zwölf Zylindern durch die Natur ziehen darf. Das sind nur zwei Beispiele: Offenbar hat die Branche noch nichts dazugelernt.

 

1998 ging Bernd Pischetsrieder, damals BMW-Chef und Präsident des Branchenverbands ACEA, für die europäischen Hersteller gegenüber der EU-Kommission eine "freiwillige Vereinbarung" ein. Bis 2008 sollen die durchschnittlichen CO2-Emissionen von neu zugelassenen Pkw in der EU im Vergleich zum Basisjahr 1995 um 25 Prozent auf 140 Gramm pro Kilometer sinken. Das entspricht einem Durchschnittsverbrauch von 5,8 Litern Benzin oder 5,1 Liter Diesel je 100 Kilometer - es war also angesichts des Zeitraums von zehn Jahren keineswegs ein utopisches Ziel.

 

Bereits 2004 war erkennbar, dass die deutschen Autohersteller ihre freiwillige Selbstverpflichtung nicht würden einhalten können. Zwar gingen die Emissionen wegen sinkenden Treibstoffverbrauchs zwischen 1999 und 2003 stetig zurück, stiegen dann aber wieder deutlich an und erreichten im europäischen Durchschnitt 2006 einen Wert von 163 Gramm pro Kilometer. Das Ziel der Selbstverpflichtung, bis 2008 einen Wert von 140 Gramm pro Kilometer zu erreichen, war nicht realisierbar.

 

Nach dem jüngsten, alarmierenden Klimabericht der Vereinten Nationen kündigte der griechische EU-Umweltkommissar Stavros Dimas einen Gesetzentwurf an, nach dem die europäischen Hersteller den CO2-Ausstoß für ihre Produkte bis 2012 verbindlich auf 120 Gramm je Kilometer abzusenken hätten - Klimaschutz per Gesetz statt per Selbstverpflichtung. Von diesem Vorschlag wurden die deutschen Hersteller kalt erwischt. Unverzüglich stellten sie eine massive Abwehrfront aus betroffenen Unternehmen, Gewerkschaften und Politikern aus Brüssel und Berlin zusammen. EU-Kommissar Dimas knickte vor der massiven deutschen Lobby ein, zog seinen Vorschlag zurück und kündigte stattdessen eine Klimaschutzvorlage an, die bis 2012 von einem verbindlichen Grenzwert von 130 Gramm CO2 je Kilometer ausgehen soll. Was dann seitens der Betroffenen und des VDA zwar als "extrem anspruchsvolle Zielsetzung" bewertet, aber gleichwohl für machbar gehalten wurde

 

 

Können die deutschen Hersteller keine verbrauchsgünstigen Antriebstechniken entwickeln? Die Antwort ist ebenso einfach wie unbefriedigend: Doch, sie können, aber sie fahren in die falsche Richtung, wie die oben genannten Beispiele und viele andere beweisen.

 

Geballte Automobil-Kompetenz der Ingenieure

 

Die deutschen Automobilhersteller mit ihrer Technologieführerschaft haben in den vergangenen zehn Jahren ohne Zweifel die Dieseltechnologie, Bosch sei Dank, in zuvor nicht für möglich gehaltener Weise modernisiert. Effizienzsteigerungen der Motoren und Absenkung des spezifischen Treibstoffverbrauchs um bis zu 35 Prozent wurden erreicht - und nahezu vollständig in höherer Leistung ohne große Minderung der absoluten Verbräuche wieder "verbraten".

 

Ferner forschten alle Premiumhersteller emsig am Wasserstoffantrieb, der Brennstoffzelle, dem Elektroantrieb, ohne in naher Zukunft erkennbaren Erfolg. Nur der Hybridantrieb wurde ignoriert.

 

Es besteht keinerlei Grund, die technologischen Fähigkeiten der deutschen Autoindustrie und ihrer Ingenieure anzuzweifeln. Im Gegenteil: Nirgendwo sonst ballt sich so viel automobile Kompetenz wie in Deutschland. Alle technologischen Innovationen im Automobil, angefangen bei den Erfindungen Gottfried Daimlers und Robert Boschs, kamen in den vergangenen 100 Jahren aus Deutschland. Auch der Hybridantrieb wurde hier erfunden, dann aber nicht weiterentwickelt.

 

Man kann der Branche vorwerfen, dass sie wegen selbst gemachter Unternehmenskrisen und dem Zwang zu radikalen Kosteneinsparungen eine erschütternde Blindheit für ihre langfristige Zukunft an den Tag legt. Offensichtlich ist, dass sie von Kurbelwellen, Drehmomenten, Doppelgelenk-Hinterachsen, Common Rail alles Nötige versteht - doch von der Sicherstellung künftiger Mobilität in Verbindung mit ökologischer Verantwortung offenbar kaum etwas.

 

Seit Jahrzehnten wird weltweit der Schutz der Umwelt vor gefährlichen Klimagasen diskutiert. Auch hat die drastische Treibstoffverteuerung schmerzhaft vor Augen geführt, dass Erdöl nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Aber die deutsche Autoindustrie hat bisher noch nichts Greifbares in der Hand, womit sie ihre Produkte in 30 bis 40 Jahren antreiben will. Alle Neuentwicklungen in der Triebwerkstechnik der letzten Jahre waren vor allem konventionell auf höhere Leistung getrimmt, weniger auf geringeren Verbrauch.

 

Wenn eine Volkswirtschaft so stark von einer einzigen Branche abhängt wie die deutsche von ihrer Autoindustrie, müssen bei solchen Perspektiven alle Alarmglocken läuten. Unverdrossen verpulvert die deutsche Automobilindustrie ihre Entwicklungsmilliarden für größer, schwerer, schneller, anstatt in kleiner und verbrauchsärmer zu investieren. Die Branche könnte es besser, wenn sie ihre Prioritäten richtig setzen würde. Sie muss es: Wenn die internationale Automobilindustrie ihren Beitrag zum Schutz des Weltklimas leisten soll, führt an den deutschen Automobilingenieuren kein Weg vorbei.

 

 

Helmut Becker war Chefvolkswirt von BMW und leitet heute das Beratungsinstitut IWK in München. Im August erscheint sein neues Buch "Ausgebremst".

 

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Klare Worte eines Branchenkenners, Respekt! 8-)

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I love you all!

 

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"Für GV ohne Horst S.!"

 


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Für GV ohne Horst S.!*

 

*GV = Grevenbroich • Horst S. = Horst Schlimm, Schlamm, Schlämmer

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