Jump to content
Melde dich an, um diesem Inhalt zu folgen  
Arancio_Borealis

Motorentechnik allgemein - Hubraum ist doch zu ersetzen

Empfohlene Beiträge

Der nachfolgende Artikel ist aus Heise Autos. Das hat nur mittelbar etwas mit smart (dessen Motor ja auch downgesized ist) zu tun. Ich fand den Beitrag fuer Technikinteressierte jedoch hinreichend interessant (und bemerkenswert fundiert) um ihn hier noch einmal hereinzukopieren:

 

Quote:

Hannover, 16. Juli 2008 – Die Maxime „Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch noch mehr Hubraum“ konnte sich jahrzehntelang halten und war nicht einmal falsch. Solange Ottomotoren das fertige Luft-Kraftstoff-Gemisch aus eigener Kraft ansaugen mussten, war Hubraum eine entscheidende Regelgröße, um das Drehmoment zu steigern. Noch heute sind vor allem in den USA Fahrzeuge mit „Big Blocks“ unterwegs, die ihre Kraft scheinbar aus dem Ärmel schütteln, aber dabei auch tief in den Tank schauen. Doch ihre Zeit scheint abgelaufen: Die neue Devise heißt „Druck ist durch nichts zu ersetzen“ und beruht auf einer geschickten Kombination aus Turboaufladung, Direkteinspritzung und variabler Ventilsteuerung.
Turbolader auf Entzug
Der Turbolader hat einen erstaunlichen Charakterwandel hinter sich: Legendär ist trotz seiner Macken der Saab 99/900 Turbo, der sich gerne mal 15 Liter genehmigte und nicht nur deswegen einen sanften Gasfuß forderte – in unteren Drehzahlen kam wenig, darüber setzte schlagartig der Turbo ein. Welch ein Kontrast zum kleinsten TSI-Motor von VW, der gerne als ein Musterexemplar für Downsizing heranzogen wird – auch deswegen, weil er als erster seiner Art in großen Stückzahlen verkauft wurde. Beim TSI mit 90 kW (122 PS) steht der Turbo überraschenderweise für geringen Verbrauch und hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen.

In den 1970er- und 80er-Jahren war der Turbolader vor allem ein preisgünstiges Mittel, um einen großvolumigen Motor zu ersetzen. Doch das erkaufte man sich mit mehr Verbrauch: Die Gemischbildung, egal ob mit Vergaser oder Einspritzung, erfolgte seinerzeit im Saugrohr, bevor das fertige Benzin-Luft-Gemisch in den Zylinder befördert wurde. Der Nachteil: Wegen des höheren Drucks durch die Turboaufladung war eine geringere Verdichtung notwendig, um ein Klopfen zu verhindern. Im Beispiel Saab 99 standen 9,5:1 mit Saugmotor einem Wert von 7,2:1 beim Turbomotor gegenüber – der moderne TSI dagegen ist trotz Turbo mit 10:1 verdichtet.

Natürlich hat sich die Technik des Turboladers weiterentwickelt, doch das ist nicht der einzige Grund für sein Revival: Ein entscheidener Anstoß kam aus der Weiterentwicklung der Direkteinspritzung, die man zunächst nicht mit der Aufladung in Zusammenhang bringt. Um es vorwegzunehmen: Erst die Direkteinspritzung macht den Turbolader für Sparkonzepte richtig attraktiv, und das Sahnehäubchen bilden schließlich variable Ventilsteuerungen.

Später Erfolg der Direkteinspritzung
Erstaunlich, bereits 1877 ließ sich Nikolaus Otto das Prinzip der Direkteinspritzung patentieren, doch dann sollte es mehr als hundert Jahre lang bei Ottomotoren für Automobile keine nennenswerte Rolle spielen, abgesehen von Sonderfällen wie dem Mercedes 300 SL in den 1950er-Jahren. Erst Mitte der 1990er-Jahre kam sie wieder auf, als Pionier darf dabei Mitsubishi gelten. 1996 brachten die Japaner den Carisma GDI auf den Markt, das erste Großserienfahrzeug, das mithilfe der Direkteinspritzung einen Magerbetrieb erlaubte. Andere Hersteller zogen auf ihre Weise nach, so etwa Renault 1999 mit seinem IDE-Verfahren im Mégane und Laguna und Volkswagen mit seinen ersten FSI-Motoren ab 2000. Während Volkswagen ebenfalls einige Magermotoren auf den Markt brachte, gab sich Renault mit einer homogenen und stöchiometrischen Gemischbildung zufrieden – also einem konstanten Luft-Kraftstoff-Gemisch im Verhältnis Lambda = 1.

Innenkühlung spart Sprit
Beide Konzepte hatten ihre Vor- und Nachteile. So ließ sich mit den Magerkonzepten zumindest in der Theorie Sprit sparen, andererseits war eine zusätzliche Abgasnachbehandlung notwendig, da beim Magerbetrieb trotz Abgasrückführung höhere Stickoxidemissionen entstehen, die sich mit einem Dreiwege-Katalysator nicht mehr reduzieren lassen. Renault setzte dagegen auf die Vorteile, die Direkteinspritzung schon bei „normaler“ Gemischbildung bietet: Luft und Kraftstoff vermischen sich nicht schon im Saugrohr, sondern erst im Brennraum, sobald der Kraftstoff eingespritzt wird. Bei seiner Verdampfung entsteht daher ein kühleres Gemisch. Diese Innenkühlung verringert die Neigung zur Selbstzündung, erlaubt somit eine höhere Verdichtung und führt zu weniger Verbrauch. Zudem benötigt kühle Luft bekanntlich weniger Raum, es gelangt also mehr Sauerstoff in den Zylinder – und aufgrund dieser besseren „Zylinderfüllung“ steigt die Leistung.

Magere Entdrosselung
Die Funktionsweise des Magerbetriebs geht weit darüber hinaus: Damit ein mageres Gemisch überhaupt noch zünden kann, legt man die Einspritzung des Kraftstoffs so aus, dass sich bei der Zündkerze eine fette und zündfähige „Gemischwolke“ bildet, die im Idealfall nur von Luft umgeben ist. Der Verbrauchsvorteil ergibt sich zu einem erheblichen Teil aus geringeren Drosselverlusten: Um bei dieser mageren „Schichtladung“ ein bestimmtes Drehmoment abzurufen, kann die Drosselklappe weiter geöffnet werden als bei stöchiometrischer Gemischbildung – der Motor „atmet“ also freier. Ähnlich wie bei einem Dieselmotor, der normalerweise keine Drosselklappe hat, arbeitet der Motor also effizienter, zumindest bei geringer Last.

Schwierige Wolkenbildung
Dennoch konnten sich Magerkonzepte mit Schichtladung zunächst nicht durchsetzen. Außer der Stickoxidproblematik spielte dabei eine Rolle, dass die komplizierte Gemischbildung bei der Schichtladung sehr schwierig zu beherrschen war. In Sekundenbruchteilen dafür zu sorgen, dass sich die Gemischwolke bei der Zündkerze einfindet, ohne sich mit der „Umgebungsluft“ zu vermischen, ist kompliziert. So sorgten bei den frühen Magermotoren spezielle Brennraum-, Kolben- und Einlasskanalformen dafür, die Luft in einen Drall zu versetzen, der das eingespritzte Benzin an die gewünschte Position befördert. Problematisch wird dieses Verfahren, wenn höhere Lasten und Drehzahlen gefordert sind. Denn dann läuft der Motor nicht mehr mager, sondern wie gehabt homogen und stöchiometrisch. In diesem Betriebsbereich erfolgt die Gemischbildung also wie bei einer Saugrohreinspritzung, das Benzin wird früh eingespritzt und vermischt sich gleichmäßig mit der Luft. Die zerklüftete Brennraumform für den Magerbetrieb führt bei Homogenbetrieb jedoch zu einer schlechteren Verbrennung und der Verbrauchsvorteil kehrt sich zum Teil ins Gegenteil um. Bei frühen Magermotoren gelangte man bereits bei Landstraßentempo in diesen Betriebsbereich, sodass sie im Alltag ihre Vorteile kaum ausspielen konnten.

Strahlgeführter Durchbruch
Der Durchbruch für den Magerbetrieb kam erst mit der so genannten strahlgeführten Direkteinspritzung. Erstmals von Siemens VDO vorgestellt, wird bei diesem Brennverfahren der Kraftstoff so akkurat eingespritzt, dass für die Bildung der Gemischwolke kein exotisch geformter Brennraum notwendig ist. Voraussetzung sind allerdings Injektoren, die auch sehr kleine Kraftstoffmengen äußerst schnell und genau direkt vor die Zündkerze einspritzen können – derzeit gelten Piezo-Injektoren als Voraussetzung, deren Ventile extrem schnell von Piezo-Kristallen betätigt werden.

Mithilfe der strahlgeführten Direkteinspritzung lässt sich zum einen der Drehzahlbereich für den Magerbetrieb nach oben erweitern, und zum anderen leidet der Homogenbetrieb nicht unter einer eigentlich untauglichen Brennraumform. Mercedes-Benz brachte 2006 im CLS 350 CGI den ersten Serienmotor mit strahlgeführter Direkteinspritzung, BMW setzte ab 2007 die strahlgeführte Direkteinspritzung als erster Hersteller „auf breiter Front“ in Serie um.

Sportliches Downsizing
Während der Magerbetrieb zum festen Bestandteil der Motorentechnik von BMW geworden ist, hat sich Volkswagen nach einem kurzen Zwischenhoch mit dem 1.6 FSI oder 1.4 FSI wieder von den Magerkonzepten verabschiedet – zumindest vorläufig. Doch diesem scheinbaren Rückzug folgte ein Motorkonzept, das deutlich machte, welche Vorteile die Verbindung von kleinem Hubraum, Direkteinspritzung und Aufladung bieten kann – ganz ohne Magerbetrieb. Beim ersten 1.4 TSI sorgte ein Kompressor bei niedrigen Drehzahlen für Druck, weiter oben übernahm ein Turbolader. Mit 240 Nm Drehmoment und 125 kW (170 PS) setzte der TSI neue Maßstäbe, war aber eine eher sportliche Interpretation des Begriffs Downsizing.

Sparsames Downsizing
2007 schoben die Wolfsburger dann den „kleinen“ TSI ohne Kompressor hinterher, dessen Turbolader bereits bei sehr niedrigen Drehzahlen anspringt. In Zahlen: Das maximale Drehmoment von 200 Nm liegt zwischen 1500 und 3500 U/min an, also dem in der Praxis am häufigsten genutzen Drehzahlbereich. Doch noch interessanter ist in Zeiten steigender Spritpreise der Vergleich mit einem älteren Motor ohne Aufladung und Direkteinspritzung: Der Normverbrauch des TSI beträgt im Golf V 6,3 Liter, der nicht mehr angebotene 2,0-Liter-Saugmotor mit 115 PS im Golf IV forderte 8,7 Liter. Das ist eine beachtliche Differenz – wenn auch der Vergleich zwischen zwei verschiedenen Fahrzeuggenerationen etwas hinkt, da nicht nur der Antrieb alleine den Verbrauch bestimmt.

Druckvolle Entdrosselung
Die Grundidee des Downsizings besteht darin, mithilfe einer Aufladung einem Motor mit wenig Hubraum mehr Drehmoment zu entlocken. Wie beim Magerbetrieb hilft diese Kombination dabei, den Motor zu entdrosseln – der Weg dahin ist allerdings ein völlig anderer. Indem man den kleineren Motor mithilfe der Aufladung eine höhere Last aufbürdet, macht man ihn paradoxerweise effizienter: Bei gleicher Geschwindigkeit wird ein Motor mit kleinerem Hubraum bei einer höheren spezifischen Last betrieben, wobei er bei weiter geöffneter Drosselklappe arbeitet. Reicht die Leistung dann nicht mehr für höhere Drehmomente, wird mittels Turbolader mehr Luft und Kraftstoff in die Brennräume gepresst und dadurch eine höhere Leistung als im Saugbetrieb erzielt. Übrigens sorgt auch hier die Direkteinspritzung für die bereits erwähnte Innenkühlung, sodass für die Turboaufladung eine höhere Verdichtung gewählt werden kann.

Entscheidend ist allerdings der deutlich höhere Druck, oder um es genau zu sagen, der so genannte „Mitteldruck“. Im Unterschied zu Drehmoment oder Leistung sagt dieser Begriff unabhängig vom Hubraum etwas über den Arbeitsdruck des Motors aus. Während ein Otto-Saugmotor auf etwa 12 bis 13 bar kommt, lässt sich der Mitteldruck per Aufladung auf über 20 bar steigern.

Der Mitteldruck zählt
Um diesen „gemittelten Druck“ zu bestimmen, wird ein Arbeitsspiel betrachtet – also der Zeitraum von einer Zündung bis zur nächsten. Bei diesem Vorgang entsteht kurz nach der Verbrennung der „Spitzendruck“. Beim Ansaugen von Luft oder Gemisch ist der Druck dagegen am niedrigsten, tatsächlich sogar negativ, wenn nicht zum Beispiel ein Turbolader bei der Befüllung des Zylinders nachhilft. Das erklärt auch, warum ein Interesse daran besteht, den Motor zu entdrosseln, um das gemittelte Druckniveau möglichst hoch zu halten. Motorenentwickler unterscheiden zwischen effektivem und indiziertem Mitteldruck sowie dem Reibmitteldruck. Der indizierte Mitteldruck pmi ist der über ein Arbeitsspiel gemittelte Druck, der Reibmitteldruck pmr gibt die Verluste durch innere Reibung wieder. Entscheidend für das Ergebnis ist jedoch der effektive Mitteldruck pme als Differenz von pmi und pmr. Was zunächst recht akademisch klingt, zeigt, dass hoher Druck alleine nicht genügt, sondern auch niedrige Reibung im Motor wichtig ist. Übertragen auf das Downsizing heißt das: Die Reibungsvorteile kleiner Motoren machen einen höheren effektiven Mitteldruck möglich und damit einen effizienteren Betrieb.

Unter Last sparen
Zurück zum Zusammenhang zwischen Downsizing und Turboaufladung: Um zum Beispiel einen 1,4-Liter-Motor auf das Drehmomentniveau eines 2,0-Liter-Saugmotors zu hieven, ist die Aufladung unverzichtbar. Die Alternative wäre ein Hochdrehzahlkonzept, mit dem man zwar die Leistung angleichen könnte, aber eben nicht das Drehmoment. Grundsätzlich besteht die Zielsetzung darin, mindestens dasselbe Drehmoment zu erreichen wie beim größeren Motor, das Mittel dazu ist eine Erhöhung des effektiven Mitteldrucks. Praktisch heißt das: Wenn zwei ansonsten identische Fahrzeuge mit identischer Geschwindigkeit nebeneinander her fahren, läuft der aufgeladener Downsizing-Motor unter höherer Last, mit weiter geöffneter Drosselklappe und somit geringeren Drosselverlusten. Wie beim Magerbetrieb ist also die Entdrosselung ein wesentlicher Grund für mehr Effizienz, obwohl sie hier auf einer „Lastpunktverschiebung“ beruht – also einer Verschiebung des Motorbetriebs hin zu hohen Lasten.

Downspeeding
Der vollen Nutzen dieses Effekts erschließt sich jedoch nur mit einer Getriebeübersetzung, die es erlaubt, diesen Bereich hoher Last und Effizienz möglichst oft anfahren zu können. Aus diesem Grund ist eine Kombination aus früh einsetzendem Turbolader und relativ langer Übersetzung sinnvoll – zumindest wenn Downsizing zum Sparen von Kraftstoff dienen soll. Dem Turbomotor kommt dabei zugute, dass im Vergleich zu Saugmotoren die Nenndrehzahlen in der Regel niedriger liegen und ein breites „Drehmomentplateau“ zur Verfügung steht. Für die Kombination aus Downsizing und lange Getriebeübersetzung hat sich übrigens der Begriff „Downspeeding“ etabliert.

Grenzen der Aufladung
Die Frage liegt nahe, wie weit sich das Downsizing treiben lässt. Tatsächlich ist die Formel „kleiner Hubraum = wenig Verbrauch“ zu einfach. Der Druck im Motor lässt sich zum einen nicht beliebig steigern und zum anderen setzt die Turbolader-Technik Grenzen. Der offenkundige Nachteil des Turboladers besteht darin, dass er erst bei einem bestimmten Abgasstrom so richtig an Fahrt aufnimmt. Er kann also nur genügend Luft in den Zylinder drücken, wenn er auf der anderen Seite ausreichend vom Abgas angetrieben wird. Je mehr man nun den Hubraum verkleinert, um Drehmoment und Leistung über schieren Ladedruck zu erzeugen, desto mehr stößt man an Grenzen – der Motor fällt bei niedrigen Drehzahlen in das berüchtigte Turboloch, das für einen Alltagsmotor nicht akzeptabel ist. Zwar ließe sich dieses Loch zum Beispiel durch einen elektrisch betriebenen Lader überbrücken, doch das ist wenig effizient, solange nicht beispielsweise eine Rekuperation in Brems- und Schubphasen von Hybridfahrzeugen die benötigte Energie quasi umsonst bereitstellt – Zukunftsmusik also, deren Zeit aber durchaus noch kommen könnte.

Das richtige Maß – Rightsizing
Zunächst zurück zur Realität: Auch GM setzt ähnlich wie VW (und die Konkurrenz aus Japan, Frankreich und Italien) zunehmend auf Downsizing-Motoren. So hat das Unternehmen im Mai einen 1,4-Liter-Motor angekündigt, der ähnliche Leistungs- und Drehmomentwerte wie der Wettbewerber aus Wolfsburg bietet. Bei dieser Gelegenheit brachte GM den Begriff „Rightsizing“ ins Spiel, der ausdrücken soll, dass Downsizing nur im richtigen Maß zum Erfolg führen kann.

Entwickler von GM Powertrain in Rüsselsheim haben rechnerisch und im Versuch analysiert, welches Maß an Downsizing in der Praxis sinnvoll ist. Demnach hat sich eine Hubvolumenverkleinerung von 30 bis 40 Prozent bewährt, sagt Ottomotoren-Chefentwickler Achim Königstein. Bei seinen Untersuchungen stellte GM Powertrain einen 1,4-Liter-Motor mit Direkteinspritzung, Turboaufladung und vollvariabler Ventilsteuerung einem 1,8-Liter-Saugmotor gegenüber. Im Vergleich mit diesem durchaus nicht veralteten Motor erbrachte die Kombination von Downsizing und Downspeeding einen Verbrauchsvorteil von rund 11 Prozent.

Stufenkonzept
Dennoch ist es eine interessante Frage, ob sich die Grenzen noch weiter nach unten verschieben ließen, wenn man zum Beispiel eine Stufenaufladung oder Turbolader mit variabler Turbinengeometrie einsetzen würde. So bedient sich VW beim doppelt aufgeladenen TSI eines Stufenladerkonzepts mit der Bezeichnung „Twin Charger“, bei dem ein Kompressor das Turboloch überbrücken soll. Er ist bis in mittlere Drehzahlen für die Aufladung zuständig, darüber übernimmt ein Turbolader, der für die höheren Drehzahlen ausgelegt ist. Als reines Sparkonzept erfordert der Twin Charger allerdings zu viele Kompromisse: Zwei Laderkonzepte treiben den Preis des Motors in die Höhe, zudem geht etwas Energie für den mechanischen Antrieb des Kompressors verloren.

Hitzeprobleme
Eine Alternative wären aufwändigere Turboladerkonzepte, die zum Beispiel eine variable Turbinengeometrie nutzen, um einen breiteren Drehzahlbereich abzudecken. Doch diese Technik stößt laut Achim Königstein noch an Grenzen: Was bei Dieselmotoren längst üblich ist, lässt sich beim Ottomotor nicht so einfach umsetzen: Bei ihm können durchaus Abgastemperaturen von 950 bis 1000 °C entstehen, beim Dieselmotor sind es gut 200 °C weniger. Man benötigt also teure Lader aus sehr widerstandsfähigen Materialien wie etwa im Porsche 911 Turbo, bei dem ein Turbolader mit variabler Turbinengeometrie von BorgWarner bis zu 1050 °C widersteht. Doch der 911er ist natürlich eine ganz andere Preiskategorie als Fahrzeuge der Kompaktklasse, in der wohl vorläufig einfache Lader den Ton angeben werden.

Gut ventiliert
Ähnlich wie VW setzt GM bei seinem 1,4-Liter-Motor auf das Zusammenspiel von wenig Hubraum, einfacher Turboaufladung und variabler Ventilsteuerung, um ihn effizienter zu machen. Und damit ist der dritte Begriff gefallen, der neben Direkteinspritzung und Aufladung eine entscheidende Rolle beim Downsizing spielt. Denn über Nockenwellenversteller lassen sich die Zeitpunkte verstellen, an denen sich Einlass- und/oder Auslassventile öffnen und schließen. Hierdurch können in der Teilllast die Ladungswechselverluste reduziert werden und in der Volllast kann die Zylinderfüllung erhöht werden. Bereits mit einer variablen Ventilsteuerung auf der Einlassseite wie beim TSI ist es möglich, die Füllung des Zylinders in verschiedenen Drehzahlbereichen zu verbessern. Doch GM geht noch weiter und setzt auf variable Steuerzeiten auf Ein- und Auslassseite.

Durchgespült
Nockenwellenversteller auf der Ein- und Auslassseite erlauben eine Durchspülung der Zylinder mit Frischluft. Kein Scherz: Bei diesem als „Scavenging“ bezeichneten Verfahren steuert man bei niedrigen Drehzahlen die Ventile so, dass Ein- und Auslassventile kurz gleichzeitig geöffnet sind. In diesem Moment wird dem Brennraum durch das Druckgefälle im Abgastrakt auch der letzte Rest von verbranntem Gas entzogen, während der Turbolader auf der anderen Seite Frischluft nachschiebt. Diese mit geringem Widerstand einströmende Frischluft hat wiederum eine kühlende Wirkung, sodass sich die Füllung im Zylinder verbessert. Die größere Luftmasse steigert das Drehmoment und sorgt nach der Verbrennung für einen kräftigeren Abgasstrom, sodass der Turbolader wiederum einen höheren Ladedruck liefern kann.

„Car Sizing“
Einen kleinen Haken hat das Downsizing allerdings: Die GM-Entwickler stellten bei ihren Untersuchungen fest, dass das Maß an Downsizing zur Fahrzeuggröße passen muss: Ersetzt man einen hubraumgroßen Motor in einem leichten Fahrzeug durch einen aufgeladenen kleinen Motor, erreicht man die größten Vorteile – denn der große Motor wird bei sehr niedrigen Lasten mit hohen Drosselverlusten betrieben. Setzt man dieselben Motoren jedoch in einem schweren Fahrzeug ein, läuft auch der hubraumgroße Motor schon bei höheren Lasten und der Vorteil durch Downsizings fällt kleiner aus, er kann sich im Extremfall sogar ins Negative umkehren.

Für Klein- und Kleinstwagen (A- und B-Segment) müssten demnach kleinere Hubräume her, damit die Vorteile der Entdrosselung nicht verschenkt werden. Warum gibt es also kaum (aufgeladene) Downsizing-Motoren, die gezielt auf Kleinwagen ausgelegt sind, also beispielsweise mit einem Hubraum von 1,0 Liter und einer Leistung von etwa 50 kW? Tatsächlich sind Fachleute heute der Meinung, dass wir uns wohl an kleine Dreizylindermotoren bis 1,0 Liter Hubraum gewöhnen müssen oder dürfen – je nach Sichtweise. Zwar handelt man sich mit weniger Zylindern ein etwas raueren Motorlauf ein, doch andererseits profitieren Motoren mit weniger Zylindern unter anderem von weniger Reibung, was einen höheren effektiven Mitteldruck möglich macht. Es wäre nicht überraschend, wenn Turbo-Dreizylinder bald zur Standardmotorisierung für Kleinwagen würden – die Grundmotoren ohne Aufladung haben viele Hersteller bereits im Programm.

Doppelte Entdrosselung?
In höheren Fahrzeugsegmenten könnten dagegen Magerkonzepte ihre Berechtigung behalten, sofern die teure Abgasnachbehandlung für Stickoxide nicht die Kostenkalkulation verdirbt. In Verbindung mit moderner Einspritztechnik ist der entdrosselte Magerbetrieb bis hin zur Richtgeschwindigkeit heute realistisch. Andererseits könnten auch hier Downsizing-Konzepte infrage kommen, sofern das richtige Verhältnis zwischen Motor- und Fahrzeuggröße sowie Endübersetzung getroffen wird.

Da drängt sich eine letzte Frage geradezu auf: Wäre es nicht einen Versuch wert, einen aufgeladenen Downsizing-Motor mit strahlgeführter Direkteinspritzung und Schichtladung zu betreiben – also sozusagen das volle Programm zu fahren? Wie gesagt, im ersten Fall macht der Luftüberschuss bei Schichtladung eine Entdrosselung im Teillastbetrieb möglich. Downsizing-Konzepte setzen im Grunde auf das Gegenteil: Hier versucht man, bei homogener Gemischbildung die Betriebspunkte in Bereiche hoher Last zu verschieben, um möglichst oft hohe Mitteldrücke zu nutzen. Oder um noch einmal Achim Königstein zu zitieren: „Beide Ansätze wollen eigentlich dasselbe mit ganz unterschiedlichen Mitteln“. Ob es also sinnvoll ist, „doppelt zu entdrosseln“ ist eher zweifelhaft. Andererseits: Noch gibt es keine Praxiswerte, da tut sich ein interessantes Forschungsfeld auf …

(ggo/heise Autos)


cu Leif

236848.png

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Sehr guter beitrag - und ich halte es nach wie vor für einen fehler, dass smart von diesem wirklichen downsizingkonzept der ersten benziner-generation abgekommen ist. Der eigentliche einsatzzweck dieser fahrzeuggröße ist nun mal der metropole bereich, mit vielen ampel-rotphasen, wo ein kleinerer motor auch weniger verbraucht, das kann bei den aktuellen 1-liter-motoren - wie auch schon bestätigt - auch ein mhd-system nicht ausgleichen, sondern nur kaschieren.

 

 


use less diesel, if you can do it

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Danke auch für den Beitrag.

Ich bin übrigens im Moment mit einem 1.6Liter Turbomotor im Mini unterwegs- ist der Wahnsinn, wie sich der bewegen lässt.

Und auf Langstrecken benötige ich (auf schweizer Autobahnen) so zwischen sechs und sieben Liter :)

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden
Melde dich an, um diesem Inhalt zu folgen  

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir haben Cookies auf Ihrem Gerät platziert, um die Bedinung dieser Website zu verbessern. Sie können Ihre Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass Sie damit einverstanden sind.